Interview mit Faika El-Nagashi
Faika El-Nagashi: Die Tierschutzsprecherin des Grünen Parlamentsklubs im Tierschutzforum-Interview
Mit der Nationalratswahl am 29.9.2019 zog Faika El-Nagashi aus dem Rathaus ein paar Meter weiter als Abgeordnete ins österreichische Parlament. Die stark in der politischen Zivilgesellschaft verwurzelte Wienerin war von 2015-2020 Landtagsabgeordnete mit einem politischen Schwerpunkt auf Integration, Asyl, Migration und Menschenrechte. In den letzten Jahren war sie auch vermehrt auf Veranstaltungen und Demonstrationen mit Tierrechtskontext anzutreffen. Nicht verwunderlich also, dass sie nun für den Grünen Parlamentsklub Bereichssprecherin für Tierschutz sowie Integration und Diversität ist.
Klare Linien und scharfe Kanten sind seit jeher Charakteristika ihrer politischen Arbeit, so auch in ihrer neuen Rolle als Tierschutzsprecherin, oder wie sie selbst oft sagt, Tierrechtssprecherin. Ihre Reden im Nationalrat (siehe Beitrag Tierschutzrede im Nationalrat) lassen die Herzen von Tierrechtler*innen höher schlagen: lange hat man auf so angriffige und ungeschönte Worte über die Situation in der Tierhaltung gewartet.
Mit diesem kurzen Interview wollen wir Faika die Chance geben, sich und ihre Positionen vorzustellen. Wir freuen uns sehr auf eine enge und kontinuierliche Zusammenarbeit im Kampf für das gute Leben für wirklich alle!
Ihr habt auch Fragen an Faika? Schickt sie uns für ein Folgeinterview an tierschutzforum@gruene.at
1. Wieso hast du dich dazu entschieden, Tierschutzsprecherin des Parlamentsklubs zu werden? Welche Themen sind dir als Tierschutzsprecherin die größten Anliegen?
Es braucht eine Politisierung der Tierfrage! Als langjährige Menschenrechtsaktivistin bin ich davon überzeugt: Der Tierschutz ist kein Spezialthema für „Tierliebhaber*innen“. Er ist ein feministisches Thema ebenso wie ein menschenrechtliches. Ein Klimaschutz- und Umweltschutzthema. Ein Teil der Ernährungswende und der Agrarwende. Eine Frage der Gesundheit und der globalen Gerechtigkeit. Bedingung für das gute Leben für WIRKLICH alle.
2. In Wien stehen die Wahlen vor der Tür. Welche Tierschutzthemen müssen aus deiner Sicht als Wienerin von der kommenden Regierung angegangen werden?
Fiaker, Fiaker, Fiaker. Ich kann sie nicht mehr sehen! Eine völlig überholte und falsche Romantisierung einer anachronistischen nostalgischen Idee. Pferde gehören auf die Koppel; nicht auf Beton, nicht in die Großstadt, nicht in den Stau. Hier habe ich eine klare Haltung: Keine Vergabe neuer Fiakerkonzessionen, keine Standplätze in der Innenstadt, schrittweise Reduktion der Platzkarten – aber vor allem: finanzielle Förderung und aktive Bewerbung des Umstiegs auf E-Kutschen.
Darüber hinaus wünsche ich mir eine Vorreiterrolle der Stadt Wien bei der Ernährungswende. Da gibt es viele kreative und innovative Möglichkeiten, um pflanzliche Ernärhung zu fördern! Von Kampagnen, Anreizmodelle, politisches Commitment! Sozusagen ein (sehr langer) Veggie Day 2.0. 😉
3. Die ÖVP ist unter Tierrechtler*innen nicht als besonders tierschutzaffin bekannt. Welche Erfolge erwartest du dir von den kommenden Jahren der gemeinsamen Regierung in Bezug auf Tierschutz?
Das ist richtig – aber auch in der ÖVP gibt es unterschiedliche Positionen, zum Beispiel in Bezug auf die Herkunftskennzeichnung in der Gastronomie und auch die Kennzeichnung der Haltebedingungen. Auch bezüglich tierquälerischer Praktiken wie den tagelangen Lebendtiertransporten in Drittstaaten, dem Kükenschreddern, der Qualzucht in der Geflügelmast. Kampagnen der NGOs und ihre mediale Unterstützung können hier den großen Unterschied machen. Ich weiß, dass es dem zuständigen Grünen Minister Rudi Anschober ein großes Anliegen ist, Tierschutz wieder stärker zum Thema zu machen und dabei möglichst viele Stakeholder „mitzunehmen“. Der Tierschutzgipfel, der auf Grund der COVID-19 Situation vorerst verschoben werden musste, wird ein wesentlicher Schritt für die Umsetzung der ersten Vorhaben sein.
4. In welcher Weise kannst du dir eine Zusammenarbeit mit uns als Grüne Netzwerkorganisation für Tierschutz vorstellen?
Ich komme selbst aus der Zivilgesellschaft und bin immer an Austausch und Vernetzung interessiert. Das Tierschutzforum leistet innerhalb der Grünen und darüber hinaus wichtige Grundlagen- und Sensibilisierungsarbeit. Gemeinsam kann uns viel gelingen – vor allem auch, mehr Bewusstsein für das Thema zu schaffen und Bündnisse mit anderen sozialen Bewegungen zu suchen.